Jahresstatistik 2015: Behandlungsfehler-Begutachtung der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) Gemeinschaft

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin

Am 12. Mai wurde in Berlin die Behandlungsfehler-Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen vorgestellt.

Es werden 14.828 Einzelfälle vermuteter Behandlungsfehler berichtet, wovon 4.046 (27,3%) dieser vermuteten Behandlungsfehler zu einem Patientenschaden führten und eine Kausalität in 21.3% dieser Fälle nachgewiesen wurde.

Die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) begrüßt jede Initiative zur transparenten Darstellung von Behandlungsfehlern bei ambulanten, aber auch stationär versorgten Patienten.

Das Vorgehen des MDK ist aber alles andere als transparent und führt sicher nicht zu einer Verbesserung der Situation der Patienten, sondern ausschließlich zu einer erheblichen Verunsicherung von Patienten und deren Angehörigen, ohne konkrete Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Patientensicherheit aufzuzeigen.

Im Pressebericht des MDK aber auch in der zur Verfügung gestellten Publikation fallen substantielle Defizite auf, die aus der Sicht der DGIIN nicht unkommentiert bleiben dürfen:

Der Bericht lässt unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten relevante Mängel erkennen:

  • Es werden keinerlei Angaben zur Art und Weise der erfolgten Bewertung der zunächst vermuteten Behandlungsfehler gemacht. Welche Gutachter oder welche Gutachterinnen verfügen über die notwendige Expertise und Ausbildung zur Bewertung eines Behandlungsfehlers? Erfolgte die Beurteilung nach standardisierten Kriterien? Eine gutachterliche Beurteilung eines Behandlungsfehlers erfordert eine jahrelange klinische Expertise und praktische Tätigkeit. Über diese Qualifizierung schweigt sich der Bericht aus.
  • Einen kausalen Zusammenhang zwischen einem vermuteten Behandlungsfehler und einem eingetretenen Schaden für den Patienten herzuleiten ist im Einzelfall extrem schwierig. Dieses gilt im Besonderen für schwere Schadensfälle wie zum Beispiel für der Tod eines Patienten. An den Gutachter sind hier besondere Anforderungen zu stellen, die im Bericht des MDK nicht offen gelegt werden.
  • Von allerhöchstem Interesse ist die Anzahl der beobachteten Behandlungsfehler auf die Anzahl aller erfolgten Untersuchungen bzw. Behandlungen. Diese Daten werden im Bericht nicht dargestellt. Den Krankenversicherten und der Öffentlichkeit werden nur absolute Zahlen vorgelegt, die aber bei der Bewertung und Einschätzung nicht zwingenderweise hilfreich sind. Zum Beispiel wird über 125 Todesfälle berichtet, die kausal auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen seien. Diese und andere Zahlen werden aber nicht auf die Anzahl aller stattgehabten Behandlungsfälle bezogen. Aus unserer Sicht ein substantielles Defizit.

Eine derartige Darstellung führt zu einer Verzerrung und hinterlässt in der Öffentlichkeit große Ängste und Sorgen. Der individuelle Patient muss durch diese Veröffentlichung und die nachfolgende Aufarbeitung im Hörfunk, Fernsehen und Presse den Eindruck erlangen, dass die medizinische Versorgung im ambulanten wie auch im stationären Bereich für ihn eine potentielle Bedrohung darstellt.

Der MDK weist in seiner abschließenden Bewertung selber auf die Schwächen des Berichtes hin. Es wird jedoch verschwiegen, dass die Forderungen nach einer nachhaltigen Verbesserung der Patientensicherheit auch mit erheblichen Kosten sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich verbunden sind, die von den Leistungserbringen vor Ort in diesen Sektoren nicht mehr erbracht werden können.

Die DGIIN fordert sowohl die Krankenkassen als auch die verantwortlichen Politiker auf, von der Strategie einer Verunglimpfung der medizinischen Behandlung durch derart undifferenzierte Berichte abzuweichen und in einen konstruktiven bilateralen Dialog einzutreten, der tatsächlich nachhaltig die Patientensicherheit verbessern wird. Die erforderlichen Maßnahmen sind nicht zum Nulltarif umzusetzen und erfordern im Nachgang der gesetzlichen Vorgaben eine ausreichende Gegenfinanzierung.

Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin Berlin, 18.5.2016

Prof. Dr. med. Stefan Kluge
Präsident der DGIIN

Prof. Dr. med. Uwe Janssens 
Generalsekretär der DGIIN

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